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Das Interview mit Jan Philip Eckmann – Fährschiffe Haupt- und Nebenberuflich sowie in der Zukunft

Aktualisiert: 3. Mai 2022


In dieser Woche durften wir Jan Philip Eckmann zum Thema Fährschiffe interviewen. Den meisten bekannt als Herausgeber des Fachmagazins "Ro-Pax". Er ist bereits selber zur See gefahren und in seinem späteren Berufsleben spielte Fährschiffe lange eine Rolle. Derzeit ist er hauptberuflich für den führenden Elektrogabelstapler Hersteller STILL als International Key Account weltweit aktiv. Nicht zuletzt als Herausgeber des Fachmagazins "Ro-Pax", ist er dem Fährschiffbereich als gefragter Fachmann immer verbunden geblieben.



Was war der Auslöser in deinem Leben, dich mit den Fährschiffen intensiv zu beschäftigen?

Ich bin 1970 in Lübeck geboren und aufgewachsen, die Stadt mit dem größten Europäischen

Fährhafen im Seebad Travemünde. Meine Mutter hat 3 Jahre in den fünfziger Jahren in Schweden gelebt und das war der Grundstein, dass meine Familie jedes Jahr nach Schweden in den Urlaub gefahren ist. Dazu kam das mein Vater ein Segelboot hatte, welches auch immer auf dem Trailer mitgenommen wurde. Jeden Sommer sind wir entweder nach Trelleborg, Malmö oder Göteborg in den Urlaub gestartet. Später, Ende der siebziger und Anfang der achtziger Jahre reisten wir häufig auf den Schiffen der Travemünde – Gedser Route oder auch mal von Kiel nach Oslo in die Ski Ferien. Diese vielen Schiffsreisen und der Strandkorb in Travemünde haben bei mir diesen typischen Fährschiffsvirus entstehen lassen. Als kleiner Junge am Strand in Travemünde habe ich die Fähren immer schon am Horizont am Schornstein identifiziert. Damals waren die Fähren wie kleine Kreuzfahrtschiffe ausgestattet mit 2-3 Restaurants und Bar und einem großen Supermarkt und Sauna und auch Schwimmbädern. Ich habe meine Teenager Zeit auf der „Travemünde“ (heute „Wasa Express“ dem „Super Jumbo“ von 1981 verbracht. Mit 15 Jahren durfte ich allein mit meinen Freunden samstags die Tour machen. Um 14 Uhr war Abfahrt ab Travemünde und um 22 Uhr war man zurück. An Bord war Party und Chaos da viele Jugendliche für damals 3 Mark oder mit einem Freifahrtgutschein an Bord waren. An Bord gab es auch eine Disco und aus Gedser kamen dann auch oft dänische Jugendliche an Bord. Im Sommer haben wir diese Touren auch mit TT Line nach Trelleborg gemacht, wo ich auch meine erste Freundin getroffen habe.


Mein Berufswunsch war sehr früh klar, ich wollte zur See fahren und später einmal Kapitän auf einer Fähre werden. Das mit der Seefahrt habe ich gemacht, war zwei Jahre Navigator bei der Bundesmarine und habe bei Hapag Lloyd eine Schiffsmechaniker Ausbildung absolviert, die ich aber vorzeitig wegen Krankheit abbrechen musste. Zusätzlich habe ich in den Ferien bzw. zwischen den Jobwechsel bei TT Line in Travemünde im „Check in“ gearbeitet und auch bei Euroway. Bei Euroway hatte ich eine großartige Zeit mit Magnus Ehrenberg als Chef und der Möglichkeit Schwedisch zu lernen. Da ich aus einer kaufmännisch geprägten Familie komme habe ich dann eine Ausbildung zum Speditionskaufmann bei der Firma Hoyer in Hamburg gemacht und auch zwei Monate in Göteborg gearbeitet. Hier standen die Transporte mit den Fähren bzw. RoRo Schiffen immer im Vordergrund.



Das RoPax Magazin ist eines der wichtigsten Magazine im Fährschiffbereich. Eines der ersten Abonements die wir bei FerryKnowHow damals abgeschlossen haben. Wie bist du auf die Idee dazu gekommen?

Ich habe immer ein großes Interesse an der Fährschifffahrt gehabt und vor allem an den gesamten Abläufen und wirtschaftlichen Hintergründen. Ich war bzw. bin nicht dieser typische „Shiplover“ der ständig mit der Kamera an die Küste muss, um wieder ein Bild zu machen, weil der Schornstein einen neuen Anstrich hat. 1992 als ich in der Abfertigung bei Euroway gearbeitet habe kam ein Journalist von den Lübecker Nachrichten, Jens Peter Kranz an meinen Schalter. Er wollte an Bord um eine Reportage machen. Da ich damals schon einen guten Kontakt zum Kapitän und seinen führenden Offizieren hatte, konnte ich Jens Peter einen Termin organisieren und er war begeistert. Er sprach mich an ob ich nicht Interesse hätte eine Fährschiffszeitung mitzugestalten. Aus diesem Kontakt entstand mit sieben Leuten unter der Führung von Jens Peter Kranz 1993 die Zeitschrift „Welt der Fährschifffahrt“ (WDF). Damals kümmerte ich mich um Anzeigen und Vertrieb und die ersten

Interviews. Die Zeitschrift erschien alle zwei Monate später halbjährlich als „WDF Update“. Da ich ein neugieriger Mensch bin, startete ich mit den CEO bzw. Geschäftsführer Interviews von Reedereien und Häfen in der WDF. Unser erster Interviewpartner war damals Alexander Panagopoulus. 2000 verstarb Jens Peter nach schwerer Krankheit und die WDF löste sich auf.

Ab 2002 schrieb ich meine Interviews dann für den „Ferrycompass“, der von Michael Speckenbach veröffentlicht wurde. Leider hat Michael seine Zeitschrift 2009 eingestellt. Jetzt war die Zeit gekommen, dass ich meine eigene Fachzeitschrift „RoPax Magazin“ startete mit

einem jährlichen Magazin gedruckt und online. RoPax hat den Schwerpunkt sich einmal im Jahr mit den führenden Köpfen der Branche Interviews zu führen und alle wichtigen Neubauten vorzustellen sowie Markttrends aufzuzeigen. Ich arbeite hier mit einem kleinen Team zusammen zu denen auch Kai Ortel zählt und in England Andrew Cooke und beratend mein langjähriger Fährschifffahrtsfreund Martin Roolvink. Leider konnten wir im Jahr 2021 nichts veröffentlichen bedingt durch die Covid Einschränkungen. Im April / Mai 2022 werden wir wieder eine Ausgabe veröffentlichen und es wird in 2022 auch was Neues kommen aber dazu kann ich hier noch nichts sagen.


Fährschiffe haben eindeutig Zukunft. Es gibt zurzeit viele neue Ansätze bei Antriebstechnik und automatischer Steuerung. Wie wird ein Fährschiff-Neubau im Jahre 2035 aussehen?


Ich denke diese Frage können die Profis auch nur vage beantworten, da es bis jetzt noch nicht die Antriebslösung gibt, die einen CO2 freien Betrieb ermöglicht. Die Branche sucht nach Lösungen und ich habe das Gefühl die Reedereien sind da stärker aktiv als die Motorenhersteller. Was wir zurzeit sehen ist, dass immer mehr RoPax und auch RoRo Schiffe mit LNG Antrieb geordert werden. Wenn man meine letzte Ausgabe gelesen hat, dann steht da ganz klar von den großen Reedereien wie Stena Line und auch Grimaldi – „LNG is not the fuel of the future“. Deshalb hat ein Grimaldi keine LNG Schiffe und auch Stena geht andere Wege mit Methanol und demnächst ganz elektrisch zwischen Göteborg und Frederikshavn. DFDS ist an dem Thema dran die erste RoPax Wasserstoff Fähre ab 2027 zwischen Oslo und Kopenhagen in Betrieb zu nehmen. Wasserstoff ist eine Lösung aber wird wesentlich teurer sein als im Vergleich zu den heutigen fossilen Brennstoffen. LNG ist nur eine Brückenlösung für die nächsten 15 – 20 Jahre, da hier nur 20% weniger Co2 emittiert wird. Eine Reederei wie Grimaldi setzt auf Hybridlösungen mit Batterien. Zurzeit als „Zero Emission in Port“aber auch als nächsten Schritt geplant für eine emissionsfreie Revierfahrt.


Ab 2023 werden strengere Abgasregelungen weltweit gelten, die durch die IMO (International Maritime Organisation) im Efficiency eXisting ship Index (EEXI) festgelegt sind. Durch diese neue Regelung sind alle Reedereienauch jede Fährgesellschaft an der Küste gezwungen ihre Co 2 Emissionen zu reduzieren. Reedereien mit sehr alten Schiffen bekommen da richtig Probleme und höhere Kosten. Wir werden ab 2023 sehen das alte Fähren mehr und mehr verschwinden werden, da ihr Betrieb nicht rentabel sein wird bzw. die Fahrpreise werden sich dann noch weiter erhöhen. Das Fährschiff der Zukunft wird nicht mehr so schnell unterwegs sein und im Eco Speed Bereich fahren. Das Antriebssystem wird eine Mischung aus Hybrid oder alternativen Kraftstoffen bestehen. Alternative Kraftstoffe sind Ammoniak, Methanol oder grüner Wasserstoff bzw. grüner Kraftstoff, der aus Wasserstoff erzeugt wird.


Aber egal welche Alternative eine Reederei anwenden wird, der Betrieb solche Fähren wird teurer als mit herkömmlichen fossilen Brennstoffen. Wir sehen das aktuell schon beim LNG, wo der Preis wesentlich höher angestiegen ist als der Ölpreis und Reedereien, wie Balearia und Viking Line ihre LNG Schiffe wieder mit Marine Diesel betreiben. Mobilität und dazu gehören auch die Fähren wird aufgrund der Klimakrise und dem Ziel Co2 zu reduzieren wesentlich teurer werden. Reedereien, die mit großen Schiffen unterwegs sind mit 4.500 -

7.000 Lademetern und einem reduzierten Co2 Ausstoß sind für die Zukunft gut aufgestellt.

Einen autonomen Betrieb einer Fähre mit Passagierbeförderung sehe ich in den nächsten 10-15 Jahren noch nicht, da die Sicherheitsbestimmungen einfach zu anspruchsvoll sind. Im Frachtbereich ist es eher möglich in der Küstenfahrt. Die Norweger haben den ersten Küstenfrachter als autonom fahrendes Schiff ohne Besatzung im Testbetrieb. Wenn ich auf die Schnellfähren schaue, steht den Betreibern hier eine Kostensteigerung ins Haus die

sie an die Fahrgäste weitergeben werden, da es hier noch keine Alternativen Antriebssysteme gibt außer LNG. Aber auch hier kommen neue Lösungen, der erste Schnellkatamaran mit 30 Knoten für 24 Passagiere ist in der Nordsee unterwegs. Er fährt mit 70% Wasserstoff und 30% Marine Diesel. Diese Lösung wäre eine gute Brückentechnologie für die nächsten 20 Jahre und reduziert Co2 um 60%. Mehr dazu in der nächsten RoPax!



Das Essen auf den meisten Fährschiffen ist hervorragend, was hat dich dazu bewegt nebenbei noch Hamburger zuverkaufen?

Das war so eine typische Idee die beim dritten Bier mit Freunden in Stralsund entstanden ist. In Stralsund habe ich eine Zeit lang bei der Weißen Flotte gearbeitet, die zur FRS Gruppe in Flensburg gehört. Mein damaliger Marketingleiter Markus Klein und mein Freund Robert hatten 2019 die Idee einen Food Trailer zu bauen. 2020 im Sommer war er fertig und leider wegen Corona konnten wir die eigentliche Idee auf Festivals und Großveranstaltungen mit dem Trailer zu stehen nicht umsetzen. So haben wir im Jahr 2020 auf dem Neuen Markt in Stralsund zweimal die Woche unsere Burger verkauft. Robert hat die Rezepte und war auch der Hauptgesellschafter von „Robs Corner“. Aber leider haben wir den Betrieb eingestellt, da es sich nicht gerechnet hat und wann es mal wieder richtige Festivals und Großveranstaltungen geben wird, dass weiß noch keiner. Wenn wir wieder normale Zeiten haben, dann holen wir den Trailer vielleicht wieder raus.



Welche Fährverbindung und welches Fährschiff haben dich am meisten beeindruckt?


Meine Fähre, auf der ich die meiste Zeit verbracht habe ist die „Travemünde“, heutige „Wasa Express“. Es war die alte Strecke zwischen Travemünde und Gedser auf der ich viel Zeit verbracht habe. Mittlerweile ist sie mit 40 Jahren eine alte Dame aber immer noch in einem top Zustand. 1981 war sie ihrer Zeit weit voraus, da sie aufgrund ihrer kompakten Größe ein super Ladevolumen hat und für Passagiere viel bietet. Ich hoffe das sie noch einige Jahre bei der neuen Reederei UME im Roten Meer fahren wird. Ich bin dem Schiff immer gefolgt und war auch vor 3 Jahren im Finnischen Meerbusen an Bord. Mal sehen, wann ich noch einmal mitfahren kann, wenn es die Zeit zulässt.



Gibt es tatsächlich eine Fährverbindung, die dir noch fehlt?


Ich bin noch nicht überall gefahren aber die meisten Linien in Europa kenne ich und auch die Schiffe. Welche Linie ich unbedingt noch fahren möchte ist die zwischen der Nord- und Südinsel in Neuseeland über die Cook Strait. Der berühmte Interislander eine anspruchsvolle Route mit starker Strömung und häufig sehr hohen Wellen. Geplant ist das für 2022 aber es ist abhängig davon was mit Covid 19 ist.



Was machst du als erstes, wenn du an Bord eines Schiffes gehst?


Da ich selbst zur See gefahren bin und fast 6 Jahre für eine Fährreederei gearbeitet habe, schaue ich immer auf de Sicherheitseinrichtungen. Wie gut sind die gewartet und vollständig. Der zweite Blick ist die Sauberkeit und auch der Blick in die Toiletten. Dann sieht man, ob der Dampfer gut geführt wird oder nicht. Vor allem mache ich einen kompletten Rundgang über das ganze Schiff, um einen Eindruck zu bekommen, wie das „Klima“ an Bord ist. Meistens treffe ich dann den Kapitän und bei RoPax Schiffen das Hotelmanagement bzw. den Purser. Da ich auf vielen Neubauten unterwegs bin und die sind bekanntlich in den letzten Jahren oft aus China gekommen schaue ich in viele Ecken und höre mir die ersten Erfahrungen an. Aber die Qualität der Fähren aus China ist super geworden die haben die letzten 10 Jahre eine sehr gute Entwicklung genommen. Gute Beispiele sind die E-Flexer von Stena aber auch die DFDS und Grimaldi Neubauten. Als alter Lübecker freue ich mich schon auf die neue „Nils Holgersson“ von TT Line, die in 2022 auf den Linien nach Schweden eingesetzt wird.



Jan Philip Eckmann, Jahrgang 1970 in Lübeck geboren und aufgewachsen. Ist nach dem Abitur bei der Marine als

Navigator zwei Jahre zur See gefahren und anschließend noch bei Hapag Lloyd als Auszubildender Schifffsmechaniker in der weltweiten Fahrt. 1993 gründete er zusammen mit sechs anderen Fährschifffahrtsinteressierten die Fachzeitschrift „Welt der Fährschiffahrt“ später schrieb er

Interviews und an Bord Berichte für den Ferrycompass und seit 2009 veröffentlicht er nebenberuflich einmal jährlich das Magazin RoPax. Als gelernter Speditionskaufmann und studierter Betriebswirt arbeitete er im Bereich Sales und Marketing im Logistikbereich und auch für ein führendes Medizintechnik Unternehmen aus Lübeck. Als ausgebildeter Moderator leitete er diverse Podiumsdiskussionen für den VFF und arbeitete 6 Jahre für die FRS (Förde Reederei Seetouristik) als Direktor in der Unternehmensentwicklung. Er lebt in Hamburg und Nürnberg ist verheiratet und hat zwei Söhne. Er ist derzeit hauptberuflich für den führenden Elektrogabelstapler Hersteller STILL als International Key Account weltweit aktiv.




MS Color Traveller, früher gebaut als MS Travemünde.

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